Astrologie-Tagung vom 6. Mai 2023 in Baden

Frühlingserwachen 

von Viviane Backhaus

2019 fand die letzte SAF-Tagung in Baden statt, bevor der Corona-Virus die Welt in eine Glaubenskrise stürzte. Da hatten wir mit Saturn in Steinbock noch trockene Füsse. Nun, vier Jahre später, treffen wir uns wieder in Baden, dank den Organisatorinnen vom Schweizer Astroforum (SAF) und Astro-Club Zürich, im „Hotel du Parc“, sichtlich ernüchtert, geläutert aber dafür alle gesund. Saturn in Fische folgt halt seinen eigenen Regeln, wie uns die erste Referentin Tulla Gastl in ihrem Workshop „Kreative Astrologie“ aufzeigt: Bei Tulla wird meditiert, gesummt, geschubst, geplaudert, Walzer getanzt – ganz analog dem Tierkreis von Fische bis Waage. Nun sind alle hellwach.

Wilfried Schütz erläutert uns in seinem Vortrag „Welche Perspektive erlaubt das Menschheitshoroskop?“ seine Sicht dieses Schlüsselhoroskops mit seinen kollektiven Dramen, ausgehend von der Neptun/Pluto Konjunktion in Zwillinge. Da die exakte Konjunktion dieser beiden Langsamläufer nicht ermittelt werden kann, wird häufig das Neumondhoroskop vom 26.4.1892 verwendet, womit ein wichtiger Faktor, der Mond in Krebs, aus der Deutung verschwindet. Wilfried stellt uns seine Versionen dar, nämlich ein reloziertes Menschheitshoroskop mit einem Löwe-AC, berechnet auf Washington sowie ein Allgemeines ohne AC (30.4.1892). Seine genannten Beispiele einiger epochalen Ereignisse, wie die erste Mondlandung, 9/11, Covid-19 mit ihren Transiten und Sekundärprogressionen sprechen für sich wie auch der aktuelle Neptun Transit im Quadrat zur Zwillinge-Venus.

Rolf Baltensperger bezieht gleich Stellung zu ChatGPT in seinem Vortrag „Perspektiven zur Weiterentwicklung der Astrologie“, denn die künstliche Intelligenz (KI) kann definitiv weder astrologische noch astronomische Berechnungen machen, sondern sie sucht sich aus Datenmodellen die passenden Worte zusammen. Die Algorithmen sorgen für ein entsprechendes Deutsch. Es gibt schon eine astrologische App, wie „Co-Star“, die KI für die Textanalysen einsetzt. So liegt in der Datenanalyse zukünftig noch viel Potenzial. Rolf kontert in seinem Vortrag gegen Astrologie Kritiker, die nichts von kausalen Zusammenhängen verstehen, denn diese nehmen in der Physik ab und Wahrscheinlichkeiten zu. Sein Diskurs führt weiter durch die Aufklärung, den Kosmos, die Quantenphysik, die Galaxien u.v.a.m. „Um die gesellschaftliche Entwicklung der Astrologie voranzutreiben, braucht es Fachverbände mit kompetent geführten Diskussionen damit die Astrologie im Aussen als seriöses Gebiet wahrgenommen wird. So ein starker Auftritt kann nur mit Vereinigungen, Fachzeitschriften und Lehrtätigkeiten erzielt werden“, insistiert Rolf zum Schluss.

Wie unter einem Venus Sextil Jupiter nicht anders zu erwarten, ist auch die Stimmung grossartig mit eitel Sonnenschein, viel Koffein, astrologischen Schnäppchen am Büchertisch und einem gut besuchten Rahmenprogramm mit Sabine von Werra (Symbolon-Karten), Judith Klement (Farbdialog) und Theres Simonet (Handlesen).

Nach der Mittagspause geht’s weiter mit Harry Toblers Vortrag „Die Brücke zwischen Astrologie & Mineralogie“. Er erklärt uns die verschiedenen Mineralarten sowie die Entstehung der Steine mit den Abfolgen magmatisch (kardinal), sedmentiert (fix) und metamorphisch (veränderlich). Wir erfahren ausserdem viel über die einzelnen Zuordnungen der Mineralien zu den Planeten (zu den Tierkreiszeichen sind jedoch keine verlässlichen Zuordnungen möglich), die diesen, bewusst eingesetzt, stärken können: Der hellblaue Chalzedon (Merkur) zum Beispiel hilft bei Prüfungsängsten, der grüne Malachit (Venus) fördert die Ästhetik und ist ein Universalheilstein, das seidig schimmernde Falkenauge (Jupiter) hilft bei Migräne und ein schwarzer Turmalin (Saturn) bietet den besten Schutz vor negativen Energien. Wir hätten noch lange Harrys farbiger, schönen Welt voller Wunder und Geheimnisse lauschen können …

Markus Jehle und Anne Probst starten ihren Vortrag „Die besonderen Mondkräfte im Horoskop“ mit einem Duett: Anne repräsentiert die Lilith, Markus den Priapus, die beiden emotionalen Zustände der Mondbahn um die Erde. Beim erdnahen Priapus-Pol werden die Gefühle intensiv, beim erdfernen Lilith-Pol distanziert; von heiss bis kühl, bedürftig bis selbstbestimmt, von der Fülle zur Leere, vom Flow bis zur Fokussiertheit erklären uns Anne und Markus nebst den Gegensätzen auch die schmerzhaften Erfahrungen von Lilith mit ihrem Trauma sowie Priapus mit seiner Gier. Auch meinen sie, dass diese beiden Pole durchaus zusammenfinden können, z.B. in gewaltfreier Kommunikation oder bei einer Familienaufstellung. Der Vortrag endet mit einem Epilog, dem Alphabet von Lilith bis Priapus. Damit schliesst sich der Kreis – die Mondbahn.  

Ist es nicht erwiesen, dass die Gehirne von kreativen Köpfen wie die der Astrologen eine erhöhte Anfälligkeit für Verzweiflung hegen, da sie ständig Lösungen für komplexe Probleme finden müssen? Die sechs ReferentInnen haben am Tag der Königskrönung mit einer Sonne/Uranus Konjunktion selbst eine Krone verdient, weil sie alte (astrologische) Denkmuster gekonnt aufgelöst haben und uns ZuhörerInnen ent-zweifeln liessen. So endet dieser satte Frühlingstag und wir gehen trockenen Fusses unserer Wege am Fluss entlang, hoffend auf ein baldiges Wiedersehen in Baden, oder sonst wo.